Um wilden Gerüchten, Märchen, Mythen, Legenden, Unwahrheiten und möglichen Berichten im Stile der Klatschpresse entgegenzuwirken, ein Interview aus erster Hand von mir, mit mir und über mich. 🙂
Schön dass du dir Zeit für mich genommen hast, um mich ein paar Fragen zu beantworten.
Ich danke mich auch und hoffe es dauert nicht zulange, da ich ne Menge Schlaf nachholen muss.
Was bedeutet Halliforest und wie bist du dazu gekommen?
Halliforest ist der Alternativname zu Hollywood. Wo es einen Wood gibt, gibt es auch einen Forest. Für Holly fand ich keine englische Alternative und setzte Hallo ein, was aber doof klingt und dann wurde es eben Halli, was durchaus auch als HalliGalli brauchbar wäre. Im Grunde genommen das Gegenteil von planbaren Hollywoodstreifen. Spontane Dinge aus dem Leben gegriffen, wie sie halt jeden Tag passieren können oder du an sie denkst.
Wie genau ich dazu gekommen bin, kann ich so nicht sagen. Lass es mich so sagen, ich bin von Natur aus ein neugieriger Mensch und immer offen für neue Dinge. Als Kleinkind fand ich Daddys Heiligtum, sein Tonbandgerät, toll und konnte es mir nicht nehmen lassen, wertvolle Tondokumente mit meinen nachgeplapperten Sketchen von alten Schallplatten, später auch Eigenen Sketchen, damit zu überspielen. Man war der sauer und die Hand rutschte auch mal aus. *lacht*
Später kamen die ersten Webcams auf den Markt, welche ich einfach haben musste. Zugegeben hatte ich anfangs Probleme, mir überhaupt vor der Cam rumhampeln zu sehen und sich selbst zu hören. Aber wir Menschen sind Gewohnheitstiere und gewöhnen uns an alles!
Was waren das für Videos und waren die auch schon öffentlich?
Hmm, das waren glaube ich damals nur Coverstücke. Bissel auf der Gitarre zu Midis geklimpert, Freunden gezeigt und wenige ins Netz gestellt. *denktnach* Soviel konnte man damals gar nicht uploaden, da es noch kein echtes Breitbandinternet gab und man noch auf Surfzeiten gucken musste.
Wo konnte man die Videos bestaunen?
Damals wohl eine der Pionierseiten für Webcamübertragungen und eine Art Vorläufer von YouTube. Die Seite hieß Spotlife und ging später wohl pleite wenn ich mich recht erinnere.
Haben solche Portale nicht einen zweifelhaften Ruf und sind moralisch bedenklich?
Das sagt man heute. Damals war es eben was komplett Neues, selber das Fernsehen zu sein und so mit anderen zu kommunizieren. Sicherlich probiert man sich erstmal mit den neuen Medien aus und lernt irgendwann alle Seiten kennen. Sowas ist wichtig, um seine eigene Urteilskraft zu fördern.
Es hatte aber vor allem gute Seiten, da vieles was heute als Neu bezeichnet wird, damals schon gab. Ob nun nur Bilder hochzuladen, eigene Videos, sogar Live Streams konnte man zeitnah bestaunen. Die ganzen Live Bands aus Wohnzimmern zu bestaunen, war schon prägend und hatte schon auch eine Vorbildfunktion.
Die da wäre?
Einfach mit anderen Menschen seine Art zu kommunizieren teilen. Es ist manchmal völlig egal, ob jeder Ton stimmt, ob jeder Satz gut formuliert ist. Eine gewisse Ehrlichkeit zu zeigen, wie man eben so ist, ist mutig und kostet auch eine Menge an Selbstüberwindung. Ich habe einen alten auf einem Banjo klimpern sehen, während Oma dazu wie eine Lärche trällerte und absolut non-konform keinen Tonleitern folgte. Ich habe eine Horde besoffener Frauen gesehen, die pausenlos eine Stunde redeten und eine Menge Zuhörer um sich scharrten. Oder eben auch eine simple Punkband aus Großbritannien, die über Probe aus dem heimischen Wohnzimmer übertrugen. Eigentlich alle schrägen und normalen Dinge des Alltages!
Ist das nicht auch irgendwo zuviel Privatsphäre, die nicht immer jeden was angehen dürfte?
Sicherlich könnte man es manchmal meinen. Aber seien wir mal ehrlich. Wer kann man schon deinen ganzen Tagesablauf verfolgen, möchte das auch? Für den Moment klingt es vielleicht nach Big Brother, aber am Ende zeigt sich niemand den ganzen Tag und nie alles. Ich kenne niemanden der den ganzen Tag Späße macht, keinen aus meinem Umfeld der 24 h am Tag betrunken ist und schon gar nicht die ganze Woche usw. Das Zerrbild was durch optische Täuschung und mangelndes Denkvermögen entsteht, ist leider eines der negativen Begleiterscheinungen.
Du scheinst dich auszukennen. Bist du davon betroffen und wenn ja, wie äußerst sich das?
Das kann man so allgemein gar nicht sagen. Man kennt es vor allem aus dem regulärem Fernsehen. Dir wird ein Gebäude gezeigt, was im Film monströs erscheint und wenn du es selber siehst, ist es kleiner als man dachte. Vieles sieht durch einen Blickwinkel anders aus, als es in Wahrheit ist. Es kommt durchaus vor das man denkt, ich filme mich in einem Palast. Dabei wäre gerade hier drin, sicherlich kein Platz für einen Familiengeburtstag. Vieles ist dir im Moment gar nicht bewusst, welche Eigendynamik etwas entwickeln kann. Du zeigst halt immer die Dinge, die für den Moment relevant sind. Oder glaubst du, dass die Luft nach 20 Kippen noch rein ist?
Stimmt! Kommen wir nun zu den Anfängen von Halliforest. Du sagtest du hast früher schon Videos gemacht. Warum hast du solange pausiert und warum kamen am Anfang nur kleckerweise Videos und später teils am laufenden Band?
Die Zeiten ändern sich. Ich war noch nie der Typ dafür, der das ganze Leben nach den gleichen Mustern lebt. Ich war anderweitig eingebunden, hatte dafür keine Zeit und dachte da auch gar nicht mehr daran. Als dies dann wiederum langweilig wurde, dachte ich wohl wieder an die alte Zeit und brachte es mit Aktualität in Verbindung. Man löste sich los und fand wieder Gefallen daran.
Welche Rolle spielt bei dir das Feedback wie Lob und Kritik?
Grundlegend ist beides unwichtig und kann so nicht gesagt werden. Nahezu alle Videos sind spontan entstanden und haben sicherlich hier und da ihre Macken. Aber eben genau das ist so gewollt. Dir fällt etwas ein, etwas passt in einem Moment zu einer Sache, du findest es passend und knallst es hoch. Manche Dinge werden dir erst Wochen oder sogar Monate später bewusst. Aber es sind eben Zeitdokumente, die dich immer wieder an deine Lebensabschnitte erinnern. Menschen neigen dazu zu vergessen und machen manchmal Fehler nochmal. Und sind heute Videos für mich selbst bescheuert, so weiß ich am Ende, so will ich nicht nochmal leben.
Lob, nun ja, es freut mich irgendwo schon. Aber ich kann nicht sehr gut mit Lob umgehen und mache es auch nicht dafür. Kritik muss man immer vertragen wenn man etwas anstellt. Solange sie konstruktiv ist und nicht in Beleidigungen ausartet, habe ich kein Problem damit.
Wie bereitest du dich auf Videos vor? Hast du überhaupt einen Plan was du machst oder machen willst? Wie muss man sich das vorstellen?
Das ist unterschiedlich. Grundlegend muss ich sagen, ich habe keine Vorlagen und mache dies so wie es kommt. Ich beobachte meine Umwelt genau und fange ihre Eigenarten ein, welche dann durchaus vorkommen können. Ich lese sehr viel im Web und stoße immer mal auf Kuriositäten, albere spontan mit Freunden rum und verwende dies, oder habe eben zu den unmöglichsten Zeiten, an de unmöglichsten Orten eine Idee. Ich habe festgestellt, dass die Dusche ein unheimlich kreativer Ort sein kann. *hahaha*
Ich spinne den Rahmen weiter, oder verwerfe ihn wieder. Es kommt nicht selten vor, das ältere Ideen nicht verwirklicht werden und am Ende was ganz anderes rauskommt.
Schon geht die Cam an und ich brabble los. Nicht immer klappt es beim ersten Versuch, da man natürlich selber lachen muss, wie man gerade aussieht oder was man wie erzählt. Manchmal verliert man ganz den Faden und fängt nochmal an. Im Schnitt sind es maximal 3 Versuche, bis es so genommen wird wie es ist. Formulierungen, mögliche Pointen, bestimmte Aussagen fallen mir erst ein, wenn die Cam schon läuft. Anschließend fallen mir oft noch Dinge auf, wenn ich etwas nachbearbeite. Oftmals passen gewisse Musikstücke oder Special Effects erst danach ins Bild. Ab einem gewissen Grad wird nicht mehr rumgedoktort, sondern so wie es im Moment für einen gut ist hochgeladen.
Manche Videos wirken etwas langweilig und ergeben am Ende nicht immer einen Sinn. Warum weisen aber gerade auch solche Videos hohe Klickzahlen auf und ab wann ist ein Video für dich erfolgreich?
Hmm, das hatte ich bereits erwähnt, dass man es so nicht sagen kann. Grundlegend sage ich aber, wenn ein Video innerhalb einer Woche 100 Klicks hat, ist es auf seien Art angekommen.
Humor ist wie alles im Leben unterschiedlich und Ansichtssache. Du kannst nie voraussetzen, dass dich jeder versteht. Das ist weder meine Absicht, noch der Sinn des Ganzen.
Lass es mich so erklären. Der Kern dieser Art von Humor ist eng mit meinen ältesten Freunden verbunden. 30 Jahre Freundschaft ist eine lange Zeit und man hat eine Menge zusammen erlebt. Ein Kumpel von den beiden hatte eine Art Tagebuch, wo er alles reinschrieb, wenn ihn jemand ärgerte. Wir waren so 12 oder 13 Jahre, als wir beim Zimmer aufräumen halfen und das Heft fanden und lasen. Es war ungemein erheiternd für uns, wenn man eben las, das Mutti einen heute verhauen hat, weil man seinen Pflichten im Haushalt nicht nachkam. Da wir alle 3 aus dem gleichen Holz sind, konnte ich mir es nicht nehmen lassen und schrieb heimlich meinen fiktiven Lebenslauf ins Buch. Der klang dann in etwa so: „Ich wurde als 8. und dümmstes Kind einer Arbeiterfamilie geboren. Mit 5 Jahren trank ich mein erstes Bier und fing an zu rauchen …“ Das war so fies und bescheuert, dass es am Ende wieder lustig schien und alle lachten. Oder eben beim Sonntagskaffee nimmt ein anderer Kumpel einfach die Weichspülerflasche und versucht die Gebrauchsanleitung vorzusingen, während mir dann noch 2 Akkorde dazu einfielen. Das klang dermaßen bescheuert, das wir auch da Tränen lachten. Oder man fand eben zu meinem 16. Geburtstag mein altes Puppentheater samt Figuren und machte sich über mich lustig und führte mir ein Theaterstrück vor. Das war genauso bescheuert, aber trotzdem witzig. Oder meinem Kumpel fiel in der Sturm – und Drangzeit im Suff sein Lieblingsessen nicht mehr ein. Frage: „Wie sieht es denn aus? Beschreib es doch mal! … Na wie der Mond! … Hä? … halbe Stunde später: Hefeklöße esse ich gern! … Ja genau die meinte ich vorhin!“
Oder eben im Herbst 2007, als ein YouTube Video stotterte, kam man auf die Idee des Videos „An der Bockwurschtbude“.
Das sind eben alles Ideen, die im Moment lustig und nicht immer für jeden nachvollziehbar sind.
Du erwähntest „sich über andere lustig“ machen. Einige deiner Videos beinhalten Anspielungen über bekannte Personen, könnte man meinen du machst dich über Menschen mit niedrigem Bildungsgrad lustig und thematisierst oft das Thema Liebe und deren Begleiterscheinungen. Ist das nicht gemein und schon arrogant?
Für einige scheint es wohl schwer nachvollziehbar zu sein, aber generell mache ich mich über niemanden lustig und beziehe es auch nicht speziell auf einzelne Menschen, Ausnahme das „Anti Kommerz“ Video.
Grundsätzlich sauge ich meine Umgebung auf, verarbeite es auf meine Art weiter und bringe es auch mit mir selbst und meinen Eigenarten in Verbindung. Ich habe eine sehr sarkastische, aber auch selbstironische Ader, wie man vorhin schon raushören konnte. Wenn ich u.a. das Thema Hauptschule erwähne, so ist das keine Degradierung von Menschen dieses Bildungsweges. Ich liebe schräge und grenzwertige Dramatisierungen. Zum einen könnte ich das so gar nicht ernst meinen, da sehr gute Freunde von mir auch nur diesen Weg gingen und irgendwann später etwas handfestes aus ihrem Leben machten. Zum anderen ist es eben auch dramatisierte Selbstironie. Ich selbst hatte einstmals das Abi abgebrochen und mich selbst zum Realschüler degradiert. Für manche ein Schock und vor allem Unverständnis, dass sowas überhaupt möglich war. Natürlich nagte es am Selbstbewusstsein, aber es sind Fehler, welche man so nicht wieder gut machen kann und man es durch Humor verarbeitet und versucht, irgendwann das Beste daraus zu machen. Zeugnisse sind nicht alles im Leben. Man muss nur immer das Beste aus einer Situation machen und sich nie aufgeben. Ich mache Videos für Menschen und nicht gegen Menschen. Aber das hatte ich kürzlich schon erwähnt.
Liebe? Ja dieses Thema ist sehr vielschichtig und nicht wirklich immer auf mich bezogen. Es gibt doch nichts Schöneres, als beim Einkauf im Supermarkt die Menschen zu beobachten.
Spontan fällt mir die Sache mit dem älteren Ehepaar ein. beide wohl um die 80, etwas schwerhörig und nicht mehr so gut zu Fuß und sich schon am Einkaufswagen geklammert. Oma guckte gerade nicht hin und Opa packte schnell einen Flachmann in den Korb. Oma hat es aber gesehen und machte dann an der Kasse Opa zur Schnecke. Das war etwas lauter und Opa musste den Flachmann wieder ins Regal bringen und ging vor sich hin brummelnd, mit Tippelschritten zum Regal. Die Leute an der Kasse guckten sich alle an und verkniffen sich das Lachen. Ich auch und dachte mir, Liebe kann so schön sein!
Solche Erlebnisse kommen dann eben früher oder später auch vor, in meiner Version.
Hast du Vorbilder, orientierst du dich an denen?
Sicherlich habe ich auch Vorbilder. Ich kann die alle gar nicht aufzählen. Von Heinz Erhardt, Peter Frankenfeld, Rudi Carrell, Herricht & Preil, Helge Schneider, Conedy Factory, Charlie Chaplin, Uwe Steimle, Die Herkuleskeule und generell Kabarett … aktuell brenne ich für Switch Reloaded. Die Typen sind einfach nur kongenial und ziehen sehr detailgetreu die Macken der Stars und der Medienlandschaft durch den Kakao. Wenn ich nur an Schuldnerberater Peter Zwegat und den Schulden im Puff oder eben den 15 Mill. Schulden wegen dem Kauf von Premiere denke, muss ich gleich wieder vor lachen losheulen. *kichertsicheinenab* Diese Art von Humor, mit den ganzen Übertreibungen ist genau meine Wellenlänge. *lachtimmernoch*
Sorry, ach ja. Ich schaue nie ab und kann es auch gar nicht. Humor ist irgendwo immer gleich, egal welcher Künstler es ist. Man kann aber gewisse Lokalkomik nicht auf andere übertragen. Jede Region lacht über bestimmte anders und manche gar nicht. Das ist eben einfach so!
Welche Art von Komik liegt dir mehr? Welche Komik ist am beliebtesten und warum legst du dich nicht fest? Fühlst du dich als Künstler?
So viele Fragen auf einmal! Am einfachsten ist natürlich immer die Komik aus der Umgebung und deren spezielle Dialekte und damit verbundenen Macken. Bestes Beispiel wäre wohl die fiktive Ingeborch aus Querfurt. Das ist das übliche standartdeutsch in Querfurt, in seinen grausamsten Auswüchsen. Geh auf ein Volksfest in Querfurt und lausche an einem Bierstand den Leuten zu. Banale Dinge von gestern werden aufgebläht und als Neuheit erfunden. Unsere Stadt ist eben der Mittelpunkt der Welt und man gibt sich so. Wenn man dies nachahmt, spricht es eben die Leute an, weil sie einiges darin wieder erkennen. Für viele die ihre Heimat wegen der Jobusche verließen, ist es eben auch ein Stück der eigenen Identität.
Die Welt ist aber größer als Querfurt und ich bin kein Abklatsch von Elsterglanz, weswegen ich mich selbst bremse und kaum Videos mit unserem Dialekt mache. In Deutschland gibt es genug andere Eigenarten in anderen Dialekten oder Gegenden. Die Komik auf internationale Ebene ist schier unergründlich. Slawische Völker haben aus unserer Sicht einen sehr trockenen Humor. So trocken, dass man den Sinn nicht versteht, aber deswegen halt lachen muss. Während die Amis wieder teils arg krass veranlagt sind und auf die verrücktesten Ideen kommen. Ich denke da nur an meinen größten Fan aus New York, der mittels Sprachtool und MS Computerstimme fiktive Pornofilme simuliert. Es mag unter der Gürtellinie sein, aber am Ende ist es schon irgendwo originell. Das klingt nicht nur schräg, sondern die Handlung ist genauso veranlagt und schon beim Gedanken daran, lustig.
Als Künstler fühle ich mich auf keinen Fall. Ich habe zuviel Respekt vor Menschen, die ihr Handwerk richtig gelernt haben und beherrschen. Ich habe eher Spaß daran, meinen gelebten Humor mit anderen zu teilen.
Was sagt eigentlich dein näheres Umfeld dazu und wie reagieren sie? Wissen die überhaupt was du machst?
Hahaha! Ich liebe diese Frage, das sie mir zu oft gestellt wird. Grundsätzlich ist alles was ich tue, meine eigene Welt und mir auch völlig egal was passiert. Mir redet niemand rein, was ich sowieso nicht zulassen würde. Der Großteil der Videos ist natürlich bekannt. Der beste Indikator wie es ankommt, sind bei Gelegenheit, neben engsten Freunden, auch meine Eltern. Das läuft dann meist so ab. Erst wird geguckt, gegrübelt, einen Vogel gezeigt, am Ende aber trotzdem gelacht. Man kennt sich halt, weiß wie man etwas meint und wie man es nehmen muss.
Bist du immer ein eher lustiger Mensch, oder ist das auch nur ein Zerrbild?
Hmm, eher ein Zerrbild! Ich glaube ich müsste mir dann auch ernsthaft Gedanken machen, wenn ich morgens als Ulknudel aufstehe und am Abend so zu Bett gehe. Es kommt auf die Situation an. Wenn ich mich eingeengt fühle, bin ich durchaus sehr impulsiv und sehr spitzzungig. Wenn es maßlos übertrieben wird, kann es durchaus mal laut zugehen und meine ernste Seite durchdringen, was aber vermältnismäßig selten vorkommt. Ich bin aber sonst eher harmoniesüchtig, mag keinen übermäßigen Lärm, bin sehr nachdenklich und brauche auch mal einsame Stunden für mich alleine. Ich genieße es manchmal regelrecht alleine in einen Wald zu gehen, mir eine abgelegene Bank zu suchen und mal eine Stunde lang die Stille zu genießen und Löcher in die Landschaft zu starren. Entspannung pur in unserer heutigen schnellebigen und streßgeplagten Zeit.
Am Ende lebe ich immer zwischen 2 Extremen. Humor hilft mir dabei einen Ausgleich zu finden.
Bist du dominant oder devor?
Ganz klar dominant!
Warum?
So genau kann man das nicht sagen. Aber ich glaube im Rahmen von bestimmten Selbstfindungsprozessen, welche dein ganzes Leben andauern, ist wohl immer deine Kindheit und Jugend das Prägenste. Bei mir war es halt so, dass ich zeitig lernte, Funktionen zu übernehmen. Es wurde nicht wirklich gefragt ob man es will, sondern musste es machen, weil es dazu gehörte. So war ich von Anbeginn im schulischen Gruppenrat und war eben dafür zuständig, die Wandzeitung der Klasse mit aktuellen Themen zu gestalten und später dann eben die vorgegebene Politik in der Klasse zu verbreiten. Bei wöchentlichen Sitzungen wurde einem eingetrichtert was man für eine Meinung zu haben hat und hatte dann die Pflicht, dies in der Klasse durchzubringen. Man war also von Natur aus eine Art interne Autorität, die immer Recht hatte und der man folgen musste.
Das klingt sehr diktatorisch! Wie siehst du das heute? Bist du noch politisch und wenn ja, welche Richtung vertrittst du?
Es fällt mir schwer, 20 Jahre zurückdenken zu müssen. Ich war Kind, kannte nur diese eine Welt, war stolz darauf was ich tat und 100 % überzeugt und glaubte alles was erzählt wurde. Als das System zusammen brach, brach für den Moment auch eine Welt für dich zusammen. Im Laufe vieler Jahre kam Licht ins Dunkel und Machenschaften wurden aufgedeckt. Man erfuhr von Mauertoden und eben auch Hinrichtungen, welche bis in die 80 Jahre vollzogen wurden und interne Strukturen betrafen. Die Menschen, die bisher dein optimale Leben predigten, wollten nichts mehr davon hören und änderten plötzlich ihre Meinung ins Gegenteil. Repressalien waren an der Tagesordnung. So war es eben möglich, dass man eine Stunde im Unterricht stehen musste, weil man angeblich eine dreckige Hose hat und sich wohl nicht wäscht. Dabei war es eben nur eine neumodische ausgewaschene Jeanshose und gewisse Wut wurde in Schulen an Schülern ausgelassen, deren Vergangenheit nun verteufelt wurde, obwohl keiner was dafür konnte. Es waren eben genau diese Menschen, die dich vorher prägten. Es war eine schmerzliche Erkenntnis, wie man Kinder und Menschen mißbrauchte, nur weil man karrieregeil war. Dieser Punkt prägte mich sehr und auch bis heute.
Diese große Enttäuschung und Lebenslüge ließ vorerst meinen Glauben verlieren. Wenige Jahre später wurde ein Bekannter grundlos von Neonazis erschlagen. Er war einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Die Täter wurden freigesprochen, was für viele sehr schockierend war. Nun wurden schon eigene Landsleute ermordet und scheinbar konnte jeder machen was er wollte. Ich hatte einfach die Nase voll von Politik, egal welche Richtung und lebte von nun an jeden Tag, als ob es mein Letzter wäre.
Die Zeiten beruhigten sich wieder und spätestens seit der Finanzkrise wurden meine politischen Ansichten wieder zum Leben erweckt. Man wird eben älter und es kann dir nicht immer alles egal sein, was gemacht wird. Mir geht es am Ende nur darum, dass wir auch in Zukunft in Frieden leben, wir wieder mehr untereinander reden können und unsere Nachfahren es auch noch gut haben sollen. Wir brauchen wieder mehr Respekt vor Leistungen und sollten auch auf eine gewisse Art dankbarer sein, dass wir heute nicht Angst haben müssen, wegen anderern Meinungen eingesperrt oder notfalls abgeballert zu werden. Wenn ich den Moralverfall in der Gesellschaft sehe, so sind wir auf dem besten Wege in eine neue Diktatur.
Willst du mit deinen Videos etwas erreichen und was ist das schönste Kompliment, was dir jemals gemacht wurde?
Hmm, schwere Frage. Kann man mit Spontanität etwas erreichen? Ich sage mal so, jede Art von Feedback hat einen Sinn. Selbst negative Kritik in Form von Flames kann Sinn machen. Durch gewisse Themen spricht man Menschen an, welche nie gelernt haben, über eigene Probleme zu reden. Es ist manchmal erstaunlich, dass dir Dinge vorgeworfen werden, welche du ja selbst angesprochen hattest. Man dreht den Spieß einer Aussage um und knallt es dir an den Kopf. Zum einen wird aus Unwissenheit gehandelt, ohne Nachdenken und eben oft auch, weil man eigene Probleme auf den Punkt brachte und ansprach. Manche Menschen haben Probleme, können aber nicht darüber reden und werden dadurch eben aufgerüttelt. Man dient dann nicht selten als Sündenbock, weil man Narben aufriss. Oft sind es aber eigene schlechte Erlebnisse und Neid, wenn mal wieder Lob kommt und sich selbst nicht in der Lage sieht, auch was Eigenes zu machen. Da mir aber nicht alles egal ist, frage ich in der Regel nach, was der Grund für virtuelle Ausbrüche ist und kläre teils auf. Zu 80 % ist es am Ende so, dass man nochmal nachdenkt über sein impulsives Verhalten und auch relativ oft sich dafür entschuldigt.
Die positiven Dinge sind klar die netten Kommentare. Am schönsten finde ich aber immer wieder, wenn jemand meint, ich finde sowas cool, schnappe meine Cam und mache auf meine Art Videos. Ehrlichkeit währt am Längsten und der kommunikative Charakter untereinander ist ein großer Reiz.
Solange wie man sich selbst treu bleibt und sich so gibt wie man ist, hat man immer die größere Masse auf seiner Seite. Perfektion ist nicht immer wichtig. Der Mut zur Ehrlichkeit versetzt Berge.
Das klingt alles so selbstbewusst und selbstverständlich. Gibt es ein Geheimrezept für Erfolg und könntest du dir auch Auftragswerke vorstellen?
Hahaha, schwer zu glauben, aber ich war früher eher das Gegenteil von selbstbewusst. Ein ruhiger Artgenosse und nahezu schüchtern! Nun, erstmal musst du von Anfang an Gefallen an dem haben, was du tust und wissen was du willst. Du wirst neben Lob auch immer Kritik ernten und darfst dich nie davon beirren lassen. Wenn du eben Spaß daran hast, vor einer Cam zu ulken und zu labern, dann mache es solange wie es dir gefällt. Manchmal sind es nur 20 Klicks für ein Video und irgendwann das Zehnfache. Wenn du denkst du bist nach 10 Videos schon berühmt und in aller Munde, solltest du erwachsen werden. Wenn du noch so übler Kritik das Handtuch wirfst, hast du schon verloren und bist gerade dann ein gefundenes Fressen für deine „Gegner“. Geht du einfach weiter, wirst du irgendwann zum Kultobjekt und Inhalte sind nicht wirklich mehr das Ausschlaggebende. Schaue richtig hin und lerne aus Erfahrungen. Früher oder später lernt man, was ankommt. Blende jede noch so gut gemeinte Kritik aus, dass man doch mal bestimmte andere Leute nachmachen soll. Bleib du selbst, egal was kommt!
Ich hatte mehrfach Anfragen, ob ich nicht mal ein Video über spezielle Personen, oder bestimmte Inhalte machen könnte. Das hab ich versucht, aber ich kann eben nicht auf Knopfdruck etwas kreieren. Jedes einzelne Video ist eben spontan entstanden.
Denk halt einfach auch so. Wenn jemand etwas meint, frag einfach nach, warum man es nicht selber macht. Meckern kann jeder, aber ob man selbst den Mut zu etwas hat?
Manche Videos sind eher ernsthaft, während andere wiederum albern wirken. Warum ist das so und welchen Zusammenhang gibt es?
Es gibt eben viele Dinge die mich interessieren. Bevor man sich über etwas aufregt oder mitreden will, muss man sich informieren. Manchmal sind es eben Themen mit denen ich mich gerade beschäftige, welche dann auch grob mit einfließen. Ich glaube z.B. nicht an Gespenster, will aber dennoch wissen, warum Menschen daran glauben. Also beließt man sich und interpretiert es auf seine Art. Ich bezeichne es mal als partielle Komik. Je nach Betrachtungsweise kann es am Ende doch erheiternd sein, wenn die Burg Querfurt mit esoterischen Gefügen verbunden wird. Wenn ich mit der Gitarre ein Lied covere, das nicht immer sauber klingt und der Gesang zu wünschen übrig lässt. Am Ende zählt nur, der hat sich so wie er war vor die Cam gebrezelt und sich präsentiert. Ehrlichkeit kommt immer besser rüber, als ein gewisser Perfektionszwang.
Gibt es Videos die schwer realisierbar waren?
*lacht* Das kürzliche „Born To Be Wild (Unplugged)“ Video war eine echte Herausforderung. Man muss bei einfachen Videos immer lauter trällern, da die Gitarre immer alles übertönt. In größeren Räumen noch mehr und wenn man nebenbei noch eine angehende Bronchitis hat, ist es nicht unbedingt förderlich für die Gesundheit. Ich musste mich zusammenreisen, dass ich währen der Aufnahme nicht hustete und hatte anschließend einen mörderischen Hustenanfall, wo ich mir echt dachte, ob das Video so nötig gewesen war.
Eine nicht ganz ungefährliche Sache ist Ingeborch. Die entsteht durch stark herausgepresstes Sprechen, was dann nachträglich mit einem Soundprogramm in die Höhe transponiert wird. Mit dieser Stimme kann man nur eine begrenzte Zeit sprechen, da es die Stimmbänder sehr stark beansprucht und man heißer wird und im Extremfall die Stimme ganz ausbleibt, was dauerhafte Schäden hervorrufen kann. Der Rest sieht schwerer aus als es ist.
Gibt es Lieblinge unter den Videos, welche du besonders gut findest?
Ich verstehe diese Frage nicht! Naja ok, manchmal gibt es Zufallsprodukte, die ungewollt zu etwas werden. Das Video Herzenbäckerei war so ein Zufallsprodukt. Es sollte was ganz anderes werden und durch Spielen an den Farbreglern, kam es eben zustande und passte perfekt ins Bild.
Du redest immer von Erfolg, aber dennoch sind deine Videos im Verhältnis zu anderen Channels vergleichsweise weniger gesehen und von Feedback sieht man nicht immer was. Woran liegt das?
Das liegt einfach daran, dass aufgrund bestimmter Parameter wie Wohnort und Freundeskreise, es sich immer von deiner Basis, deiner Stadt und einen Aktivitäten aus verbreitet. Wenn man dies auf sein Umfeld, auf die Einwohnerzahl und Zielgruppen hochrechnet, ist es für diese Region viel. Je nach Thema kann es aber durchaus mehr sein, wenn es Grenzen überschreitet in der Thematik.
Feedback kam schon immer in erster Linie direkt von den Leuten und am wenigsten bei YouTube selbst. Die meisten Kommentare kommen über meinVZ/studiVZ, Jappy, MySpace, direkt im Chat oder eben auch über die interne Mailfunktion von YouTube bzw. im stinknormalen Alltagsleben direkt von den Leuten. Auch das ist wieder dieses Zerrbild. Man denkt was man sieht ist real, aber es ist es nicht.
Ich glaube die meisten Fragen konnten beantwortet werden. Eine Frage von mich an mich zum Abschluss. Warum interviewe mich mich?
Das liegt einfach u.a. daran, das ich mit der LP des Leipziger Kabarettisten Jürgen Hart groß geworden und er sowas auch schon machte. Auf der Rückseite der LP hat er sich ganz offiziell selber interviewt. Coole Sache und gleich ein Musikwunsch zum Abschluss.
Ich bedanke mich für mich und wünsche mich Alles Gute und viel Erfolg für die Zukunft!
Ich bedanke mich ebenfalls bei mich!
Wenn sich jetzt nicht mindestens 10 von derzeit 80 aktiven Lesern an den Kopf gefasst haben, was das nun wieder sollte, war es verkehrt. Wer von Beginn mitgrinste, ich auch!
Joar …
3 Gedanken zu „Halliforest im Selbstgespräch“